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Pressemitteilung vom 18. Juli 2017

„Instandhaltungskosten für Windenergieanlagen im Meer lassen sich um bis zu 10 Prozent senken“

Projekt „Methoden und Werkzeuge für die „preagierende“ Instandhaltung von Offshore Windenergieanlagen“ (preInO) erfolgreich abgeschlossen | Bremer Forscher belegen große Einsparpotenziale und sehen weitere Optionen | Nächster Schritt: Entwicklung zur Marktreife

Nicht nur reagieren müssen, um bereits entstandene Schäden zu beheben, sondern schon vorher agieren und so Serviceeinsätze besser planen und Verluste vermeiden können – mit diesem Problem hat sich das Projekt „Methoden und Werkzeuge für die preagierende Instandhaltung von Offshore Windenergieanlagen“ (preInO) des BIBA – Bremer Institut für Produktion und Logistik an der Universität Bremen beschäftigt. Nach dreijährigen Forschungen und erfolgreichen Tests mithilfe eines im Projekt entwickelten Demonstrators und anhand realer Daten muss das System nun noch zur Marktreife weiterentwickelt werden. Erste Komponenten werden bereits im Praxisbetrieb erprobt.

Das Verbundvorhaben unter Leitung des BIBA wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert und vom Projektträger Jülich (PtJ) betreut. Als Projektpartner waren der Hamburger Windenergieanlagenbauer SENVION und der Oldenburger Softwareentwickler SWMS beteiligt.

Systemunterstützung: Personal- und Materialeinsatz besser und dynamischer planen

Die Instandhaltung von Offshore-Windenergieanlagen (OWEA) ist sehr komplex und besonders kostenintensiv, denn sie hängt von zahlreichen Unwägbarkeiten ab, wie dieses Szenario verdeutlicht: Wechseln Servicetechniker oder -technikerinnen vom Schiff auf eine Offshore-Windenergieanlage, nennt man das „Überstieg“. In der rauen Nordsee sind solche Überstiege bedingt durch Wetter- und Seegangssituation und je nach Serviceschiffstyp sowie OWEA-Standort jährlich an rund 120 Tagen oder mehr nicht möglich. Bei den vom Festland aus versorgten Windparks sind außerdem die Gezeiten zu berücksichtigen. Zudem kann sich das Wetter vor Ort auf See schnell ändern, und die Serviceschiffe mit den Technikern an Bord müssen zurückfahren, bevor die Arbeiten erledigt worden sind.

Ist das Problem an der Offshore-Windenergieanlage dringend, bleibt nur noch ein teurer Helikoptereinsatz. Aber auch ein Hubschrauber kann nicht bei jedem Wetter fliegen und keine schweren Lasten transportieren. So können sich schnell ungeplante Stillstände in den Offshore-Windparks ergeben. Pro Anlage und Tag und bei guter Brise kann das schnell einen Ertragsverlust von gut 10.000 Euro bedeuten.

Lösungen bieten sich hier unter anderem durch bessere Einblicke in den aktuellen technischen Status der Anlagen und ihrer Komponenten, durch das Erschließen und Nutzen weiterer Datenquellen, und durch ein verstärktes Einbinden von Erfahrungswissen in die Planung. Um die Instandhaltung effektiver gestalten zu können, bedarf es eines umfassenden Systems zur Planung und Steuerung sowie zur Unterstützung der Instandhaltungsprozesse und der logistischen Begleitprozesse.

Vorrausschauend agieren und so die Anlagen bedarfsorientiert warten

„Die Instandhaltung ist ein entscheidender Kostenfaktor in der Betriebsphase einer Windenergieanlage“, erklärt BIBA-Projektleiter Dipl.-Wi.-Ing. Stephan Oelker. Nach Schätzungen des Bundesverbandes Windenergie würden Service und Wartung bis zu 25 Prozent der Kosten von Offshore-Windparks ausmachen. Er sieht hier ein Einsparpotenzial von bis zu 10 Prozent: „Über eine preagierende Instandhaltung mit dem Einsatz neuer Methoden und Werkzeuge lassen sich die Anlagen dynamisch warten. Das führt zu deutlich geringeren Logistik- und Materialkosten und einer besseren Planbarkeit des Einsatzes von Personal und Transportmitteln sowie der Lagerhaltung für Ersatzteile.“ Das belegen die Studien der Projektpartner. Statt auf routinemäßige Aktion und auf Reaktion setzten sie auf eine intelligente und vorausschauende Instandhaltung – auf „preagierende“ Maßnahmen.

Entscheidungsunterstützung mithilfe künstlicher Intelligenz und automatischer Datenanalyse

In dem Projekt wurden mithilfe künstlicher Intelligenz und automatischer Datenanalyse Werkzeuge und Methoden entwickelt, die die Akteure bei Entscheidungen in der Planung und Steuerung unterstützen und eine vorausschauende („preagierende“) Instandhaltungsstrategie ermöglichen.

Dafür haben die Projektpartner die Offshore-Instandhaltungsprozesse analysiert sowie Datenquellen für eine automatisierte Entscheidungsunterstützung identifiziert. So fließen zum Beispiel Sensorwerte, statistische Daten, Wartungsdaten, Mitarbeiterwissen, Wetterdaten sowie Lagerbestände und Verfügbarkeit von Personal und Transportmitteln in ein Softwaremodul des Systems ein. Dort werden sie erkannt, priorisiert, verarbeitet und automatisch miteinander verknüpft. Auch aus Fehlern kann das System lernen. Es betrachtet zudem stets die Logistikprozesse und setzt hier auf dezentrale Steuerungssysteme. Das Gesamtergebnis: eine automatisierte Entscheidungsunterstützung auf Basis einer derzeit bestmöglichen Prognose für eine dynamische Planung des Wartungsumfangs und die Einplanung in die Arbeitsabläufe.

„Großer Schritt zur Selbstüberwachung von Windparks“

„Mit der Arbeit in diesem Projekt haben wir einen großen Schritt zur Selbstüberwachung von Windparks getan“, sagt Oelker. BIBA-Leiter Prof. Dr.-Ing. Michael Freitag meint dazu: „Die rasant fortschreitenden Entwicklungen in der Informations- und Kommunikations- sowie der Sensortechnik und auch in den Werkstoffwissenschaften eröffnen stetig neue Optionen dafür, die Zuverlässigkeit des Betriebes von Offshore-Windenergieanlagen weiter zu erhöhen und auch die Instandhaltungskosten weiter zu senken.“
(Sabine Nollmann) 


Konferenzen:

  • Logistik für die Windenergie 2014
    Schlalos, I.; Harenslak, T.; Oelker, S.; Lewandowski, M.: Technologien für die automatisierte Logistik in der Betriebsphase von Offshore-Windenergieanlagen. In: Thoben, K.-D.; Haasis, H.-D.; Lewandowski, M. (Hrsg.): Technologien für die automatisierte Logistik in der Betriebsphase von Offshore-Windenergieanlagen. epubli GmbH, Berlin, 2014, S. 99-105
  • AKIDA 2014
    Oelker, S.; Lewandowski, M.; Schlalos, I.: Instandhaltungsplanung und -steuerung basierend auf Condition Monitoring und Zuverlässigkeit – Preagierende Instandhaltung am Beispiel von Offshore–Windenergie. In: Nienhaus, K.; Burgwinkel, P. (Hrsg.): Tagungsband zum 10. Aachener Kolloquium für Instandhaltung, Diagnose und Anlagenüberwachung, Verlag R.Zilkens, Stolberg, 2014, S. 195-203
  • IWEC 2014
    Lewandowski, M.; Oelker, S.; García Sánchez, R.; Thoben, K.-D.: Closed-Loop Product Lifecycle Management for Offshore Wind Turbines by Utilising Enhanced Maintenance Concepts. In: Rolfes, R. (ed.): Conference Proceedings of International Wind Engineering Conference 2014. Leibniz Universität Hannover, Hannover, 2014, 8 pages
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  • SYSINT 2014
    Lewandowski, M.; Oelker, S.: Towards Autonomous Control in Maintenance and Spare Part Logistics – Challenges and Opportunities for Preacting Maintenance Concepts. In: Thoben, K.-D.; Busse, M.; Denkena, B.; Gausemeier, J. (eds.): Conference Proceeding of 2nd International Conference on System-Integrated Intelligence. Challenges for Product and Production Engineering, University of Bremen, University of Paderborn, University of Hannover, Bremen, 2014, 331-338 pages
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  • LDIC 2014
    Oelker, S.; Lewandowski, M.; Ait Alla, A.; Thoben, K.-D.: Preactive Maintenance – A modernized approach for efficient operation of offshore wind turbines. In: Kotzab, H.; Thoben, K.-D. (eds.): Conference Proceedings of the 4th International Conference on Dynamics in Logistics (LDIC 2014). Spinger Verlag, Berlin/Heidelberg, 2014
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  • 5. WGP-Jahreskongress
    Freitag, M.; Oelker, S.; Lewandowski, M.; Murali, R.: A Concept for the Dynamic Adjustment of Maintenance Intervals by Analysing Heterogeneous Data. In: Applied Mechanics and Materials. Progress in Production Engineering, Trans Tech Publications Inc, Pfaffikon, Switzerland, 2015, pp. 507-515
  • LDIC 2016
    Oelker, S.; Ait Alla, A.; Lewandowski, M.; Freitag, M.: Planning of maintenance resources for the service of offshore wind turbines by means of simulation. In: Michael Freitag; Herbert Kotzab; Jürgen Pannek (eds.): Proceedings of the 5th International Conference on Dynamics in Logistics. Springer International Publishing, Berlin, Heidelberg, 2016

Veröffentlichungen:

  • Lewandowski, M.; Oelker, S.: Artificial intelligence and predictive maintenance. In: MARINE MAINTENANCE TECHNOLOGY INTERNATIONAL, 2/2014, pp. 36-40
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  • Oelker, S.; Lewandowski, M.; Freitag, M.: Konzept einer preagierenden Instandhaltungsstrategie – Effiziente Instandhaltung und automatisierte Logistik in der Betriebsphase von Offshore-Windenergieanlagen. In: Industrie 4.0 Management, 31(2015)5, S. 40-44

Pressemitteilung vom 18. Juni 2013

Künstliche Intelligenz in Offshore- Windenergieanlagen

 

Uni-Forschungsprojekt „preInO“ entwickelt Software, die dringend erforderliche Arbeiten in Windparks erkennt und die entsprechende Logistik selbstständig in Gang setzt

Künstliche Intelligenz und automatische Selbstorganisation sollen Wartungs‐ und Reparaturabläufe auf See optimieren. Mit dieser Zielsetzung hat das Bremer Institut für Produktion und Logistik (BIBA) an der Universität Bremen sein neues Projekt „preInO“ für Offshore‐Windenergieanlagen gestartet. Dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Projekt stehen 1,3 Millionen Euro Forschungsmittel für drei Jahre zur Verfügung. Gemeinsam mit dem Windenergieanlagenbauer REpower Systems SE aus Hamburg und dem Softwareentwickler SWMS aus Oldenburg soll unter dem Projektnamen „preInO“ eine „preagierende Instandhaltung“ von Offshore Windenergieanlagen realisiert werden. Bislang erfolgten Wartung und Reparatur der Anlagen auf See in festen Zyklen oder bei einem Ausfall von Systemen. „Die zunehmende Anzahl der Anlagen, ein variierender Strombedarf und mögliche Stillstände werden in Zukunft dafür sorgen, dass man den Einsatz von Personal, Ersatzteilen und Transportmitteln optimieren muss“, sagt Stephan Oelker vom BIBA.

Die Abstimmung von Material und Einsätzen ist in der Offshore‐Industrie von großer Bedeutung. Für die Planung müssen Wetterbedingungen, die technische Qualifikation der Mitarbeiter, Teilebeschaffung, Hubschraubereinsätze und verbindliche Vertragsklauseln berücksichtigt werden. Jeder Verzug birgt ein enormes Kostenpotenzial. Mit „preInO“ will das BIBA ein Steuerungssystem schaffen, das dezentral und selbstständig aus allen verfügbaren Daten den Zustand eines Windparks erkennt, die Dringlichkeit der Aufgaben bewertet, Risiken abwägt, Instandhaltungsumfänge einschätzt, Arbeitspläne taktet und die erforderliche Logistik anstößt. Das Konsortium aus BIBA, SWMS und REpower Systems SE bündelt hierfür seine langjährigen Erfahrungen und Kompetenzen.

Weitere Informationen:

Universität Bremen
Bremer Institut für Produktion u. Logistik (BIBA)
Forschungsbereich Intelligente Produktions‐ u. Logistiksysteme (IPS)

Stephan Oelker
Tel.: 0421 / 218 50130
E-Mail oel@biba.uni‐bremen.de

Marco Lewandowski
Tel.: 0421 / 218 50122
E-Mail lew@biba.uni‐bremen.de